3. KAPITEL
BREITLING IKONEN
Die Kreation der Navitimer, Co-Pilot und SuperOcean – das Vermächtnis der modernen Breitling Ikonen
Während die 1940er-Jahre durch militärische Expansion gekennzeichnet waren, verkörperten die 1950er-Jahre ein goldenes Zeitalter des wachsenden Konsums. Die zivile Luftfahrt legte eine rasante Entwicklung hin, als das Verkehrsflugzeug den Ozeandampfer als effizientestes (und glamourösestes) Fortbewegungsmittel ablöste. Die grossen amerikanischen Flugzeughersteller Lockheed, Convair, Douglas und Boeing lieferten sich einen berauschenden Wettbewerb, um immer leistungsfähigere, zuverlässigere und komfortablere Langstreckenflugzeuge zu entwickeln. Gleichzeitig eroberten auch Autofahren und nautische Freizeitbeschäftigungen die Welt, befeuert durch den ungebundenen Nachkriegs-Lifestyle.
Als kluger Geschäftsmann liess sich Willy Breitling die Chancen nicht entgehen, die diese sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen mit sich brachten. Tatsächlich waren sie der Anstoss für einige der bekanntesten Uhren von Breitling für Aktivitäten in der Luft, zu Land und zu Wasser.
Willy Breitling machte sich an die Entwicklung eines Armband-Chronographen, der es Piloten ermöglichte, alle notwendigen Flugkalkulationen wie Durchschnittsgeschwindigkeit, zurückgelegte Strecke, Treibstoffverbrauch und Steigrate vorzunehmen. Seine Idee war es, den logarithmischen Rechenschieber der Chronomat für Luftfahrtzwecke anzupassen und in eine Drehlünette zu integrieren, die mit kleinen Perlen ausgekleidet war, um sie selbst mit Pilotenhandschuhen leicht handhaben zu können.
Zwei Jahre später ernannte die amerikanische Aircraft Owners and Pilots Association (AOPA), der grösste Piloten-Club der Welt, diese Ausführung zu ihrem offiziellen Zeitmesser. Die Navitimer — der Name ist eine Kombination aus «Navigation» und «Timer» – war geboren. Breitlings beispielloser «Bordcomputer» fand rasch weltweiten Anklang bei Piloten.
SCHON GEWUSST?
Die Navitimer wurde ursprünglich von der AOPA in Auftrag gegeben und war nicht für die Öffentlichkeit verfügbar. Doch der grosse Erfolg unter den AOPA-Mitgliedern bewog Willy Breitling dazu, sie in den Katalog von Breitling aufzunehmen. Von da an wurde die Uhr, die bereits fester Bestandteil jedes Cockpits war, zu einem der legendärsten Zeitmesser, die jemals gefertigt wurden.
Navitimer
Die allererste Navitimer, die für die AOPA entworfen worden war, trug weder den Markennamen noch das Logo von Breitling auf dem Zifferblatt. Die Referenz 806 war noch nicht auf dem Gehäuseboden eingraviert, und die Uhr wurde ausschliesslich an AOPA-Mitglieder ausgegeben. Doch um 1956 herum wurde die Navitimer schliesslich auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Diese Version erhielt ihre jetzt legendäre Referenz 806 und trug den Namen Breitling über einem stilisierten Flügellogo der AOPA, deren Abkürzung weggelassen wurde.
Während die Navitimer zum Liebling der Luftfahrtindustrie auserkoren war, wollte Willy Breitling noch einen weiteren Piloten-Chronographen entwickeln, diesmal für Militär- und Freizeitpiloten, die einen robusten Chronographen benötigten, der sogar im holprigen Cockpit eines Kleinflugzeugs leicht ablesbar war. Das war der Startschuss für die Co-Pilot, einen Chronographen, der als zuverlässiger Begleiter für Flieger jeglicher Couleur entworfen wurde. Sie verkörperte perfekt die robusten, verlässlichen und effizienten Prinzipien, die das Markenzeichen des Huit Aviation Department waren.
Die erste Co-Pilot (Ref. 765 AVI), die 1953 auf den Markt kam, orientierte sich an den militärischen Bordinstrumenten des Huit Aviation Department, die zum Teil im Cockpit angebracht waren und zum Teil am Handgelenk getragen wurden. Die übergrossen Ziffern auf dem schwarzen Zifferblatt garantierten eine einfache Leserlichkeit, um den Piloten nicht vom Fliegen abzulenken. Die gravierte Drehlünette ermöglichte dem Träger das sofortige Ablesen der verstrichenen Zeit und konnte auch als zweite Zeitzonenanzeige verwendet werden.
CO-PILOT
Anlässlich seines 25. Jahres an der Spitze des Unternehmens richtete Willy Breitling, der bereits den Himmel erobert hatte, sein Augenmerk auf eine neue Herausforderung: das Meer. Es war eine Zeit, in der Jacques Cousteau und seine Unterwasser-Dokumentationen einen Trend zum Tauchen und Wassersport anstiessen. Profis und Amateure gleichermassen benötigten Instrumente, die unter Wasser lebenswichtige Informationen lieferten und sicher getragen werden konnten. Als Reaktion darauf lancierte Breitling die SuperOcean, eine Taucheruhr, die bis zu einer Tiefe von 200 Metern (660 Fuss) wasserdicht war – eine technische Meisterleistung in jener Zeit. Jedes Detail des Designs und der Konstruktion wurde entworfen, um optimale Funktionalität, Leserlichkeit und Sicherheit zu gewährleisten.
Superocean
Superocean
Die beiden SuperOcean verkörperten zwei Seiten des nautischen Sportlebens der 1950er-Jahre: der elegante reine Zeitmesser (Ref. 1004) war für den Gentleman gedacht, dem an seinem Stil gelegen war, selbst wenn er sich am Strand aufhielt. Der sportlichere Chronograph (Ref. 807) war für den erfahrenen Taucher gefertigt, der mehr an reiner Leistung und Leserlichkeit interessiert war.
Als Anfang der 1960er-Jahre die Weltraumforschung an Fahrt aufnahm, sollte auch Breitling seinen Raketenstart bekommen. Die Amerikaner hatten das Mercury-Programm gestartet, um ihre bemannten Raumfahrten zu üben und zu perfektionieren, während sie auf die Mondlandung hinarbeiteten. Lt. Commander Scott Carpenter war einer der sieben Astronauten, die an den historischen Missionen teilnehmen sollten. Als Fan der Navitimer noch aus der Zeit seiner Ausbildung wandte sich Carpenter mit einem besonderen Wunsch an Breitling: Er bat um die Entwicklung einer Astronauten-Version der legendären Pilotenuhr mit einer vergrösserten Drehlünette zur Verwendung mit Raumanzughandschuhen sowie einem 24-Stunden-Zifferblatt, um in der Dunkelheit des Alls Tag und Nacht zu unterscheiden.
Am 24. Mai 1962 umkreiste Scott Carpenter die Erde dreimal mit der Sonderanfertigung der Navitimer am Handgelenk. Mission erfüllt! Dies war eine grosse Errungenschaft für Breitling und markierte den Beginn der Cosmonaute, des ersten Schweizer Armband-Chronographen, der ins Weltall reiste. Wie schon um die Navitimer entstand auch um die Cosmonaute ein eigener Kult, so dass auch sie später öffentlich verfügbar gemacht wurde.
Willy Breitling lancierte die Top Time Kollektion mit einer klaren Mission: den Bedarf «junger, aktiver Berufstätiger» zu erfüllen. Dank ihren eleganten, aber unkonventionellen Designs, unter anderem mit viereckigen Gehäusen und grafischen Zifferblättern, entwickelte sich die Top Time schon bald zum Liebling einer Szene modebewusster Männer und Frauen, die sich von den kühnen Proportionen der Uhr angezogen fühlten.
In der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre erlebte Breitling eine nie da gewesene Nachfrage nach seinen Top Time Chronographen. Sie zierten die Seiten von Modemagazinen, und schon bald folgte auch die Filmindustrie, so dass die Uhren von Breitling nun auch auf den Kinoleinwänden alle Blicke auf sich zogen.
Nach dem Erfolg der Navitimer begann Willy Breitling, an einem sportlichen, zeitgenössischen Chronographen zu arbeiten, der mit traditionellen Designcodes brechen sollte, um perfekt zum Vibe der 1960er-Jahre zu passen.
Der Name dieser neuen Kollektion – Top Time – war absichtlich kurz, schwungvoll und englisch, um ihr modernes Design und ihre Energie zu vermitteln.
Der «unkonventionelle Chronograph» von Breitling eroberte die Seiten von Time, Life und Harper’s Bazaar und wurde zu einem modischen Must-have.
SCHON GEWUSST?
James Bond, gespielt von Sean Connery, trug 1965 eine Top Time in Feuerball.
Zum Ende des Jahrzehnts stellte sich Breitling einer der wichtigsten Herausforderungen der Uhrmacherei des 20. Jahrhunderts: der Konstruktion eines automatischen Chronographen.
Entwickelt in Zusammenarbeit mit Dubois Dépraz, Heuer-Leonidas und Hamilton Büren, war die Caliber Chrono-Matic ein riesiges Unterfangen und von einer so grossen Bedeutung für die Uhrmacherei, dass ihre Enthüllung 1969 vor der versammelten Weltpresse stattfand. Auf der Grundlage dieses bahnbrechenden Uhrwerks produzierte Breitling eine ganze Linie an Chronographen mit Selbstaufzug. Dass die Krone sich links am Gehäuse und die Drücker rechts befanden, zeigt, wie anders die Breitling Chrono-Matic damals aussah.
Die 1950er-Jahre waren ein Jahrzehnt des Wirtschaftsbooms, in dem alles von Neuwagen über Häuser in der Vorstadt bis hin zu Konsumgütern zugänglicher wurde als jemals zuvor. Als Produkte und Marken den Markt fluteten, mussten Unternehmen wie Breitling der Konkurrenz immer einen, wenn nicht sogar zwei Schritte voraus bleiben. Glücklicherweise gehörte vorausschauendes Denken zur DNA von Breitling. Mit den Navitimer, SuperOcean und Top Time Kollektionen konnte Breitling Luft, Wasser, Land – und das All erobern! Aber dennoch lauerte eine Bedrohung am Horizont: die Quarztechnologie. Um sich auch bei dieser neuen Herausforderung an der Spitze zu behaupten, musste Breitling die Grenzen von Design und Technologie wie niemals zuvor neu definieren.